Daniel Fehr lebt in Winterthur. Dort schreibt er Bücher und entwickelt Gesellschaftsspiele. Beides keine alltäglichen Berufe in der Schweiz, die er aber mit Erfolg betreibt. Sein Spiel Woodlands erschien 2018 sogar auf der Empfehlungsliste zum Spiel des Jahres, natürlich mit einem Mix aus Spiel und Geschichte. Ein guter Grund für brettspielblog.ch, um nachzufragen!
Du bist als Bilderbuch- und Spieleautor tätig. Lassen sich die beiden Arbeiten irgendwie vergleichen, gibt es Parallelen bei der Ideenfindung, im Ablauf oder der Umsetzung?
Daniel Fehr (D.F.): Beide Arbeiten sind kreative Prozesse, bei denen ich versuche, möglichst eigenständige Ideen zu entwickeln. Zu Beginn steht in beiden Fällen entweder ein thematischer Rahmen, teils auch nur ein Titel, oder eine konzeptuelle Idee: bei Spielen ein Mechanismus, bei Bilderbüchern ein Ablauf oder eine Rahmenhandlung. Im weiteren Entwicklungsprozess unterscheiden sich die Arbeiten aber stark. Bei Spielen suche ich früh das Feedback von Dritten. Ich habe eine kleine Runde mit Spielentwicklern, in der wir unsere Prototypen zeigen, testen und kritisieren. Das ist die Grundlage für alles weitere. Bei Bilderbüchern bleibt es bei mir länger intim.
Bei namhaften deutschen Spieleverlagen (Ravensburger, Zoch, noris) sind bereits Werke von dir erschienen. Wie schwierig ist es als Schweizer im internationalen Spielegeschäft Fuss zu fassen?
D.F.: Ich kann nur erzählen, wie es in meinem Fall war. Meine ersten Kontakte zu Ravensburger knüpfte ich beim Spieleautorentreffen in Göttingen. Dort war ich für den Nachwuchs-Förderpreis von Spiel des Jahres nominiert und konnte dem Verlag erste Spiele zeigen. Veröffentlicht wurden diese zwar nicht, aber ich war motiviert, es besser zu machen. Mit «Woodlands» klappte es dann. Meine Herkunft schien dabei kein bemerkenswerter Aspekt gewesen zu sein, weder im einen noch im anderen Sinn. Viel wichtiger sind beim Spielemachen Fragen, ob und wie ein Spiel funktioniert, in welche Welt es uns mitnimmt und ob es der Zielgruppe Spaß macht.

Ich erhalte hin und wieder Mails von Spieleautoren aus der Schweiz, die ihr eigenes Werk, ihre Idee veröffentlichen möchten. Welchen Weg würdest du den angehenden Autoren raten?
D.F.: Es gibt nicht den einen Weg. Wichtig ist, dass die eigene Idee nicht nur im Kopf vorhanden ist, sondern dass es einen spielbaren Prototypen gibt und dieser ausgiebig getestet wurde – nicht nur mit Freunden, sondern auch mit anderen Menschen, die sinnvollerweise auch zur angestrebten Zielgruppe gehören. Erst wenn das Feedback positiv ist, die Zielgruppe das Spiel tatsächlich gerne spielt und die Regeln versteht, macht es Sinn, auf Verlagssuche zu gehen. Autorentreffen wie jenes in Göttingen sind ein guter Einstiegspunkt, um einen ersten Eindruck von der Spieleautorenwelt zu erhalten. Oder man sucht direkt einen passenden Verlag. Die meisten Verlage kommunizieren auf ihren Websites klar, was sie suchen und
wie sie kontaktiert werden möchten.
Woodlands, dein fabelhaftes Legespiel, hat sogar Aufnahme in die Empfehlungsliste zum Spiel des Jahres gefunden. Vom Spielmaterial ist es eher aussergewöhnlich, mit vielen Folien. Wie war der Werdegang des Spiels? War es von Anfang an so geplant?
D.F.: Ich wollte ein Spiel machen, bei dem man sich wie bei einem Videospiel durch verschiedene Levels bewegt. Früh kam ich darauf, dass man Wegekarten zusammenpuzzelt und Dinge einsammelt. Auch die Idee mit der transparenten Folie, die am Ende auf die zusammengepuzzelten Wegekarten gelegt wird, hatte ich zu Beginn des Entwicklungsprozesses. Die Geschichten kamen später dazu, sind aber ein sehr wichtiges Element bei «Woodlands». Sie machen das Spiel zu einem Abenteuer. Man schlüpft zum Beispiel in die Rolle von Robin Hood und kämpft sich mit ihm durch den Wald, schleicht sich an bösen Wächtern vorbei und besiegt am Ende den Sheriff.

Woodlands würde von der Geschichten-Seite her beinahe endlos Material für Erweiterungen liefern. Ist das geplant und liesse sich so etwas auch spielmechanisch weiter ausreizen?
D.F.: Ob es bei Spielen Erweiterungen gibt hängt stark von den Verkaufszahlen ab. Je mehr «Woodlands» vor Weihnachten über den Ladentisch gehen, desto wahrscheinlicher wird eine Erweiterung. Aus der Spieleszene war der Ruf nach mehr Geschichten jedenfalls sehr oft zu hören. Das Konzept bietet dies auch an: Schon jetzt bringen die einzelnen Geschichten immer wieder neue spielmechanische Aspekte ins Spiel, diese ließen sich sicher noch mehr ausreizen. Ich wäre sofort an Bord.
Haben der gestiegene Bekanntheitsgrad und die Nominierungen auf Preislisten weitere Türen geöffnet? Was ist in Zukunft von Daniel Fehr zu erwarten?
D.F.: Neben dem Familienspiel »Woodlands«, das sich übrigens auch sehr gut für reine Erwachsenengruppen eignet, erschien von mir dieses Jahr zudem beim Noris Verlag das »Wimmelspiel« für Kinder. Weitere Spiele sind für nächstes Jahr geplant oder liegen noch bei Verlagen. Bilderbücher konnte ich dieses Jahr auf Deutsch zwei herausbringen: »Wie man ein Buch liest« und »Hannas Hosentasche«. Auch da sind bereits weitere in der Mache. Und diesen Frühling, das ist etwas ganz Besonderes für mich, erschien mein erster Reiseführer: »Alle Städte der Welt«, ein spielerischer Reiseführer, der sich in jeder Stadt, sogar der eigenen, einsetzen lässt.
Wie es scheint, gehen Daniel Fehr die Ideen nicht so schnell aus und die beiden Ebenen, auf denen er sich bewegt, scheinen weitere kreative Ideen freizusetzen. Weiterhin viel Erfolg!