Zartbesaitete Spieler können gleich zur nächsten Spielkritik weiterklicken, denn das neue Kartenspiel aus dem Hause Bünzlitum trieft vor schwarzem Humor. Hier geht es um das Arschlochkind, nicht mehr, aber auch nicht weniger.
Vorgespurt hat ja bereits Comedian Michael Mittermeier, der schon vor Jahren thematisch alles zum Arschlochkind beigetragen hat. Doch nun legt die Gruppe, die den Kampf gegen Bünzlis und Spiesser aufgenommen hat, noch einen nach. Es geht um Erziehung, reine Erziehung. Damit die möglichst gut gelingt, will man das eigene Kind möglichst schlecht erziehen, während die Kinder der Mitspieler möglichst gut wegkommen. Gespielt wird über drei wichtige Lebensphasen des Kindes. Die Spielkarten bestehen aus Folien, die nur an den wichtigsten Stellen einen Aufdruck besitzen.
Der Spielablauf ist möglichst einfach gehalten. Bei Arschlochkind geht es vor allem um die Unterhaltung am Tisch, die Zwischentöne. Erst wählt sich jeder sein Kind und gibt ihm einen Namen. Das kann bereits der erste Schritt des erzieherischen Untergangs sein, denn Namen machen bekanntliche Leute. Schliesslich erhält jeder Spieler drei Folienkarten in die Hand, eine Karte liegt offen in der Tischmitte und es kann losgehen.
Die Kinder, eine Heulsuse, eine Petze oder ein Streber, besitzen unterschiedliche Grundwerte, die mit Zahlen auf den Kinderkarten festgehalten sind. Doch daran wird gleich gerüttelt – mit Erziehungskarten. Sie machen einen Grossteil des Kartenstapels aus, nennen eine Ursache und die Veränderung in Punkten. Legt man eine Erziehungskarte in Folie auf eine Kinderkarte, verdeckt sie gewisse Werte und zeigt neue an. Ein äusserst cleveres Spielprinzip.
Doch der Reihe nach. Man spielt vier Runden in einer Kindheitsphase. Die Spieler sind reihum am Zug. Der aktive Spieler zieht erst eine neue Karte vom Nachziehstapel, dann darf er eine Handkarte mit einer offen ausliegenden tauschen. Die offenen Karten zeigen die Spielrunde an, denn mit jeder Runde legt man eine weiter Karte in die Mitte. Nun darf man eine Aktionskarte spielen. Die sind farblich gekennzeichnet und verändern das Spiel auf ganz unterschiedliche Weise. Häufig nervt man ganz einfach die Mitspieler. Zuletzt muss man eine Erziehungskarte auf ein Kind legen – auf das eigene oder ein fremdes. Sämtliche Karten zelebriert man, denn die Kommentare gehören zum Spiel und die Karten triefen vor Aussagen, die man schon immer mal gerne gesagt hätte. In der vierten Spielrunde darf man nur noch fremde Kinder erziehen. Bis dahin sollte man das eigene im Griff haben.
Nach jeder Kindheitsphase gibt es eine Zwischenwertung, danach startet man mit frischen Karten in die nächste Phase.
Um das Ganze ein wenig aufzuzeigen, ungefähr so spielt sich das ab: „Tja, dein Kevin liebt Tiere. Nicht nur vom Grill.“ Das verbessert seinen Machtwert auf +2, er soll ja gut erzogen werden. Doch falsch gedacht: „Sorry, ich muss leider abwehren. Meine Cousine ist dagegen!“ Im Kartenstapel befinden sich auch einige Abwehrkarten, die jederzeit und auf alle Karten gezogen werden dürfen. Ein kluge Abwehr hat schon manches Kind wieder auf den richtigen (oder falschen?) Weg gebracht.
Am Ende gewinnt das grösste Arschlochkind mit den schlechtesten Werten über drei Phasen. Ganz einfach.
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Fazit
Arschlochkind ist grundsätzlich ein schreckliches Spiel und genau das will es ja auch sein. Mit sehr viel schwarzem Humor und sämtlichen anständigen und unanständigen Erziehungstricks verbreitet man fiese Stimmung am Spieltisch. Das funktioniert vor allem in Spielrunden, die die Szenen zelebrieren und den Mitspielern so richtig aufs Brot, äh Kind schmieren. Es befinden sich echt gute Sprüche im Stapel, die erst verhaltene Lacher auslösen, bis man die Hemmschwelle mal überschritten hat. Danach läuft es rund, hoffentlich auch in der Erziehung. Denn spielerisch ist dieses „Folien aufeinanderlegen“ eine clevere Idee.
So manipuliert man einzelne oder mehrere Werte bei eigenen und fremden Kindern. Aktions- und Abwehrkarten sorgen für ein gehöriges Durcheinander, so dass man sich nie ganz sicher sein kann, was noch kommt. Nach einigen Partien verpufft der Überraschungseffekt der Kommentare zwar ein wenig, doch was soll’s? Auf der Spieleschachtel steht, dass das Spiel vegan und glutenfrei ist. Reingebissen hat bis jetzt noch niemand.
Alles über Arschlochkind
Arschlochkind| Autoren: Angela Vögtli, Jerome Müller| Illustration: Brainfart.ch | Verlag: Kampfhummel Spiele
Spielerzahl: Kartenspiel für 3 bis 6 Personen
Spieldauer: 45-60 Minuten
Altersangabe: ab 16 Jahren
Benötigt: Fiese Erziehungsmethoden
Wiederspielreiz: gross
Geeignet für 2 Spieler: nicht geeignet
Beste Spielerzahl: 4-5 Personen
Richtet sich an: Familie (von der Komplexität her)