Als Bandit räumt man den Union Pacific Express leer, hangelt sich von einem Waggon zum nächsten und lässt den Marshal weit hinter sich. Bei Colt Express lebt der Wilde Westen wieder auf. Autor Christophe Raimbault liess sich beim Spiel des Jahres 2015 von Lucky Luke inspirieren und lässt die gute, alte Eisenbahn wieder aufleben.
Vor der allerersten Partie benötigt der Aufbau zwar etwas Zeit, danach wird man aber mit einer richtigen Eisenbahn und zahlreichen Waggons belohnt. Die Banditen interessieren sich vor allem für das Geld und die Edelsteine, die sich in der Eisenbahn befinden. Das Drehbuch zum Spiel muss jedoch erst noch geschrieben werden.
Jeder Spieler sucht sich einen Charakter aus, den er als kleine Figur in den Zug stellt. Der Marshal, als neutraler Gegenspieler bewacht derweil eine Geldkassette und wehrt sich während der Spielrunden gegen die Banditen.
Bevor sich überhaupt ein Bandit im Zug bewegt, werden die Aktionen in Phase 1 geplant. Eine Rundenkarte zeigt an, wie viele Aktionskarten gespielt werden, ob offen oder geheim. Die Aktionen der Spieler sind vielfältig: Man bewegt sich durch den Zug, springt aufs Zugdach, haut andere Banditen, raubt die Passagiere aus, bewegt den Marshal oder schiesst. Wilder Westen eben! Speziell an der Planungsphase: Sämtliche Aktionskarten werden zuerst reihum gelegt, erst danach spielt man das eben erfundene Szenario durch. Die Spieler sollten sich also merken, wo sich welche Figuren befinden, um auch erfolgreich auf Raubzug zu gehen. So geschieht es nicht selten, dass Fausthiebe ins Leere zielen oder in Waggons geraubt wird, in denen nichts mehr zu rauben ist. Wer kann sich schon alles merken? Steht der Marshal plötzlich im selben Waggon wie ein Bandit, befördert er ihn aufs Dach. Das bringt selbst die beste Planung durcheinander.
Aus den eigenen Aktionskarten zieht jeder Spieler pro Runde 6 Karten. In einem Spielzug der ersten Phase legt er entweder eine Karte ab oder zieht drei neue Karten nach. Das vergrössert die Auswahl, schränkt aber den Bewegungsspielraum ein.
Eine Schiesserei gehört im Wilden Westen einfach dazu. Bei Colt Express verläuft sie aber relativ harmlos. Man fängt sich zwar eine Kugelkarte ein, diese wird aber unter die Aktionskarten gemischt und verwässert als Niete ab sofort die Spielmöglichkeiten.
Wurde die Planung mit den Aktionskarten abgeschlossen, setzt man in Phase 2 die Wünsche aller Spieler in die Tat um. Die Figuren bewegen sich durch den Zug, räubern hoffentlich möglichst viel Beute und sammeln wenige Kugeln. Danach startet eine neue Runde mit einer weiteren Rundenkarte.
Die eigenen Spiel-Charaktere und die Rundenkarten bieten besondere Fähigkeiten und Ereignisse, die Colt Express immer ein wenig anders spielen lassen.
Nach 5 gespielten Runden ist Schluss. Die Spieler zählen ihre Beuteplättchen. Einen saftigen Bonus erhält man zudem noch, wenn man die meisten Patronen verschossen hat. Der erfolgreichste Bandit gewinnt.
Fazit:
Bei Colt Express ist das Ergebnis eigentlich nebensächlich. Colt Express ist ein Erlebnis, ein Spass-Spiel, das vor allem in grösseren Runden gefällt. Colt Express lebt von der Unberechenbarkeit, von überraschenden Aktionen, unerwarteten Spielzügen. Dazu soll man in der ganzen dramaturgischen Hektik auch noch merken, wo sich die Figuren gerade befinden. Aus diesen Gründen entstehen immer wieder kuriose Spielsituationen. Die Eisenbahn als Spielbrett macht richtig Stimmung, ist allerdings nicht für grosse Hände gemacht. Thematisch ist das Spiel des Jahres wunderbar umgesetzt, die Spielregeln schnell erklärt. Eine Partie verläuft ziemlich flott, alle Spieler sind dauernd ins Geschehen eingebunden. Je mehr Spieler im Spiel sind, desto besser gefällt Colt Express. Zu zweit verliert das Spiel stark an Spannung, in dieser Besetzung würde ich es nicht mehr spielen.
Colt Express | Autor: Christophe Raimbault | Verlag: Ludonaute
Banditenspiel für 2-6 Personen | Spieldauer: 40 Minuten | Ab 10 Jahren | Benötigt: Ein wachsames Auge im Wilden Westen | Wiederspielreiz: gross