Es geht um nichts Geringeres als um die Position am Hof des grossen Daimyo in Japan. Die weisse Burg zieht im Jahr 1761 allerlei Leute aus Nah und Fern an. Wer sich mit cleveren Spielzügen in den Vordergrund spielt, gewinnt die Gunst des Daimyo.
Die Spielschachtel von Die weisse Burg ist proppenvoll. Drei Brücken für die Würfel muss man vor der ersten Partie zusammenbauen. Der Spielplan ist mehrfach gefaltet, auf ihm findet man die Burg und ihre Umgebung. An diesen Orten bewegt man sich mit nur 9 Spielzügen, die sich zu wahren Kettenzügen entfalten können. Alle Spielenden erhalten ein eigenes Spieltableau mit je 5 Höflingen, Gärtnern und Kriegern. Der Spielaufbau auf dem Spielplan ist sehr variabel. Man verteilt Ressourcenplättchen in der Burg, Karten im Garten und Belohnungen für die Krieger auf dem Übungsplatz – alles zufällig und in jeder Partie anders. Auch beim Brunnen findet man in jeder Partie andere Ressourcen.
Die Startreihenfolge erfolgt beliebig, danach wählt man in umgekehrter Reihenfolge eine Ressourcen- und eine Aktionskarte aus. Dadurch erhält man sein Startkapital für das Spiel: Nahrung, Eisen oder Perlmutt. Auch Geld und Siegel des Daimyo nutzt man gelegentlich als Währung.
Die weisse Burg besitzt einen zentralen Würfeleinsetz- Mechanismus. In jeder der drei Spielrunden würfelt man die Würfel der drei Farben neu und platziert sie nach ihren Werten auf den drei Brücken. Wer am Spielzug ist, nach vorgegebener Reihenfolge, wählt einen der äusseren Würfel auf den Brücken und setzt ihn an einer beliebigen Stelle im Spielplan ein. Wählt man einen der kleinen Werte ganz links, bekommt man einen Laternenbonus gutgeschrieben (Ressourcen, Geld oder Punkte). Den findet man ganz persönlich beim eigenen Tableau und er ist im Laufe der Partie ausbaufähig.
Möchte man einen Würfel einsetzen, ist der Wert bestimmend. Auf den Einsetzfeldern findet man einen vorgedruckten Würfelwert. Ist der Wert des gewählten Würfels grösser oder kleiner, erhält man die Differenz in Geld ausbezahlt oder man zahlt drauf. Würfel setzt man in der Burg und beim Brunnen ein. Dort findet man unter den Aktionen auch Symbole, mit denen man sein Personal rund um die Burg einsetzen kann.
Nun beginnt eine wahre Optimierungsorgie an drei Hauptschauplätzen. Im Garten setzt man seine Gärtner ein. Das kostet Nahrung und bringt weitere Aktionen an unterschiedlichen Schauplätzen.
Beim Übungsplatz setzt man Krieger ein, was Eisen kostet und ebenfalls weitere Aktionen bringt.
In der Burg holt man sich mit den Farben der Würfel Ressourcen, Punkte, Geld oder weitere Aktionen. Im Erdgeschoss sind sogar mehrere Effekte gleichzeitig möglich, wenn es die zufällige Auslage gut mit den Mitspielenden meint.
Ein perfekt eingesetzter Würfel liegt immer am Ursprung einer guten Aktion. Mit ihm schaltet man weitere Aktionen im Garten oder beim Übungsplatz frei, wenn man die dazu passenden Ressourcen besitzt (Nahrung, Eisen, Perlmutt, Siegel, Geld). In einem Mehrspielerspiel dürfen bis zu zwei Würfel an derselben Position gestapelt werden. Im Spiel zu zweit darf es nur ein Würfel sein.
Der Brunnen ist eine Art Joker. Dort ist der Würfelwert 1 und es gibt jederzeit ein Siegel und zwei zufällige Ressourcen zu holen. Eine Art Notausgang, wenn man sich verkalkuliert hat.
Das Einsetzen des eigenen Personals schafft Freiräume auf dem eigenen Tableau, denn auch dort kann man einen Würfel einsetzen und Ressourcen holen, sowie eine Aktion generieren. Je mehr Personal weggespielt wird, desto mehr Ressourcen erhält man. Die dort ausliegenden Aktionskarten wechseln, wenn man es schafft, einen Höfling in die Burg zu bringen. Alles bei Die weisse Burg ist perfekt verzahnt und so werden die Spielzüge stetig länger.
Auch auf der Jahreszeitenleiste kann man sich vorarbeiten. Sie bestimmt die Reihenfolge der kommenden Runden und bringt allenfalls viele Punkte am Spielende.
Nur 9 Spielzüge sind es bis zum Ende. In zwei Zwischenwertungen können die Gärtner allenfalls eine weitere Aktion gewinnen. Zudem werden die Würfel neu gewürfelt und auf die Brücke gesetzt.
Am Ende sind die Ressourcen nur eine Randerscheinung. Es zählt, wie viel Personal man in und um Die weisse Burg platzieren konnte. Die Höflinge bringen Punkte nach ihrem Standort in der Burg – je weiter oben, desto mehr Punkte. Die Krieger multiplizieren sich mit den Höflingen. Und die Gärtner erhalten Punkte für ihren Standort. Und nicht zu vergessen: Die Jahreszeitenleiste. Auch dort liegt einiges drin, wenn man sich weit in den Winter spielen konnte.
Wer am meisten Siegpunkte holt, steht in der Gunst des Daimyo ganz vorne.
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Fazit zu Die weisse Burg
Ein derart komprimiertes Spiel wie Die weisse Burg habe ich schon lange nicht mehr gesehen. Das zieht sich wie ein roter Faden durch und beginnt bei der Schachtel und dem Spielmaterial, macht weiter beim Spielplan und endet mit den wenigen Spielzügen. Doch Die weisse Burg entfaltet sich auch wie kein anderes Spiel. Es ist das Spiel der Kettenspielzüge. Schafft man mit den Ressourcen ein gutes Polster, lassen sich gleich mehrere Dinge gleichzeitig in einem Spielzug erledigen. In den 9 Spielzügen muss natürlich einiges zusammenpassen: Genügend Ressourcen sollen vorhanden sein, um die eigenen Figuren an die entsprechenden Stellen der Burg zu bringen, denn nur das bringt am Ende viele Punkte. Man möchte ganz vieles erledigen und muss gelegentlich Kompromisse eingehen.
Die Spielerreihenfolge ist nicht unbedeutend, denn gegen Ende eines Durchgangs werden die Würfel und die Aktionen knapp. Das Spielbrett ist vollbepackt mit Möglichkeiten, die man erst einmal überblicken muss. Zudem verändern sie sich durch den äusserst flexiblen Spielaufbau in jeder Partie. Das Suchen des perfekten Spielzugs macht Spass, die Freude ist gross, wenn ein langer Zug gelingt. Es ist aber zugleich auch die Schwäche des Spiels. Man kann ewig über einem Spielzug grübeln, der am Ende den einen oder anderen Punkt mehr bringt. Das drückt gerade in einer Partie zu viert arg auf die Spielzeit. Die weisse Burg ist daher ein gutes Spiel zu zweit. Zu entdecken gibt es genug auf dem Spielplan. Hier muss man sich optimal einschränken, um das Möglichste rauszuholen.
Fakten zu Die weisse Burg
Autoren: Sheila Santos, Israel Cendrero | Illustrationen: Joan Guardiet | Verlag: Kosmos
Spielerzahl: 1 – 4 Personen
Spieldauer: 50 – 70 Minuten
Altersangabe: ab 12 Jahren
Benötigt: Ergiebige Kettenspielzüge
Wiederspielreiz: gross
Geeignet für 2 Spieler: sehr gut
Beste Spielerzahl: 2 – 4 Personen
Richtet sich an: Kenner
Gefällt mir überhaupt nicht – am Ende der ersten Partie wusste ich immer noch nicht, was ich machen DURFTE, geschweige denn, was irgendwie Punkte bringt und man daher machen SOLLTE. Und das, was dann eigentlich gut und machbar aussah, scheiterte dann am Ende daran, dass man eine zwingend notwendige Bedingung nicht mehr erfüllen KONNTE, man also die Züge vorher völlig in den Sand gesetzt hat.
Verstehe ehrlich gesagt nicht, was die Leute an diesem Konfus finden.
Und wenn sich ein Spiel in der ersten Partie derart meinem Verständnis verweigert, kommt es mir kein zweites Mal auf den Tisch.
Auch das kann ich verstehen. Bei Die weisse Burg lässt sich eine Strategie wegen der wenigen Spielzüge schlecht korrigieren.
Euer Blog ist wirklich eine Schatzkiste für Brettspiel-Enthusiasten, und ich schätze eure Leidenschaft und Expertise, die ihr in eure Beiträge einfließen lasst.
Vielen Dank für diese informative und unterhaltsame Kritik!
Liebe Grüsse,
Anna Huber
Liebe Anna
Besten Dank für deine Rückmeldung. Das freut mich natürlich sehr.
Herzliche Grüsse
Paddy